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Die Mille Miglia

In zwölf Stunden mit einem extrem wertvollen, alten und seltenen Oldtimer von Brescia nach Rom und wieder zurück. Entlang zinnenbewehrter mittelalterlicher Städtchen, mitten durch moderne Großstädte und immer begleitet von der freundlich strahlenden Frühlingssonne. Das Land, wo die Zitronen blühen, wie einst Johann Wolfgang von Goethe durchaus enthusiastisch das Land seiner Träume beschrieb, erlebt im Wonnemonat Mai die Renaissance eines der berühmtesten Langstreckenrennen der Welt. Über 1600 Kilometer – die antiken tausend Meilen der alten Römer – vorbei an rennsport-begeisterten Schulklassen, die, aus Anlass des historischen Rennens vom lästigen Unterricht befreit, umso lauter jubeln und in die Hände klatschen. Natürlich besonders motiviert, wenn die  Marken der Seriensieger der klassischen Rennjahre von 1927 und 1957, Alfa Romeo, Lancia und Ferrari, auftauchen. Wir fahren im Pulk deutscher Rennsportlegenden: Mercedes-Benz 300 SLR, BMW 328 und Porsche 550 Spyder. Derselbe Porsche 550, mit dem der deutsche Rennfahrer Hans Herrmann und sein Beifahrer Herbert Linge 1954 den Schnellzug von Brescia nach Rom kreuzten. Die Köpfe einziehend, flogen die beiden mit ihrem Flitzer unter die sich langsam schließende Schranke. Der Bremsweg hätte nicht mehr ausgereicht. Die beiden kamen mit dem Schrecken davon, das Fahrzeug hielt stoisch seinen Kurs. Der Lohn: sechster Platz im Gesamtklassement. Eine kleine Anekdote, erzählt bei einem Vino Nobile di Montepulciano und leckerer Pasta mit Trüffel aus den Marken oder Umbrien. Nicht das man am Straßenrand gemütlich einkehren könnte oder viel sehen würde von der Strecke über Bologna, San Marino nach Rom, immer der „frecchia rossa“, dem roten Pfeil und insgeheim Wahrzeichen der Fahrt nach. Oder dem Weg zurück über die sanft geschwungen Hügel der Toskana, durch die Kulturmetropolen Siena und Firenze nach Brescia. Die Oldtimerwerden nicht geschont, die Mechaniker aus aller Herren Länder haben nach den einzelnen Sonderprüfungen und in den beiden Nächten zwischen den Etappen viel zu tun. Der Ehrgeiz unter den Fahrern ist durchaus vorhanden, bei nur knapp 400 zugelassenen Fahrzeugen und einem Startgeld von 7260.- Dollar. Seit 1977 findet die „Mille Miglia Storica“ regelmäßig in jedem Frühjahr statt, Gleichmäßigkeit und Zuverlässigkeit stehen im Mittelpunkt. Das abendliche Stelldichein und der Austausch zwischen den Fahrern haben in der modernen Welt einen höheren Stellenwert als Höchstgeschwindigkeit. Nicht vergessen ist aber der Rekord vom unvergleichlichen Stirling Moss im Jahre 1955. Mit einem Mercedes-Benz 300 SLR legte er die Strecke in fabelhaften zehn Stunden, sieben Minuten und 48 Sekunden bei einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 157,62 km/h zurück.
„Es gibt nur wenige Ereignisse auf der Erde, die mit so viel Charakter ausgestattet sind wie die Mille Miglia“ findet Jochen Mass, der wie Mika Häkkinen, Bernd Schneider oder der Neffe des berühmten Juan Manuel Fangio regelmäßig an der Neuauflage der ehrwürdigen Mille Miglia teilnimmt.

 

Text: Bernd Weckmann | Foto: istockphoto.com

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